Was geschieht, wenn die Kunst nach draußen geht? Dort wo man Kunst oft nicht erwartet, erreicht sie die Vermittlung kultureller Werte und dass die Gesellschaft mit ihr in Kontakt kommt. Es sind gerade die offenen Räume, wie Einkaufsstraßen, Plätze und Fußgängerzonen in denen sich die Widersprüche, Interessen und Bedürfnisse einer Stadtgesellschaft zeigen. Urbane Kunst kann Impulse setzen, um die städtischen Strukturen zu hinterfragen, zu kommentieren und spannend neu zu erfinden. Unter freiem Himmel ist die Kunst am zugänglichsten. Sie wird eingesetzt, um zur Auseinandersetzung einzuladen und den Freiraum zu definieren, den sie einnimmt. Dabei profitieren Innenstadt und Händler, weil alles was auffällt, auch der Imageförderung hilft. Oft ist der mediale Wert gar nicht messbar. Kunst kann als urbanes Navigationssystem der Zukunft dienen. Der öffentliche Raum ist nicht leer und neutral wie die„white box“ Museum oder die Galerie, sondern ausgestattet nicht nur mit Architektur, vielmehr auch mit Reklametafeln, Straßenlaternen, Sitzgelegenheiten, Pflanzentrögen, etc., also mit Gegenständen des „urban design“ durchsetzt. Oft beliebig und kaum planbar. Eingebettet in diese Gemengelage kann ein Kunstwerk, auch wenn es nur eine temporäre Präsenz hat, Orientierung bieten und im Gedächtnis verhaftet bleiben. Auf dem Wege des innerstädtischen Wandels, bei dem reine Einkaufsstrassen ihre Strahlkraft als belebten urbanen Lebensraum einbüßen, ermöglicht Kunst, dass dieser wieder attraktiv wird und die Aufmerksamkeit auf sich zieht.Mit seinen raumgreifenden Fassadeninstallationen will uns der Freiburger Architekt und Künstler zeigen, wie soetwas auch temporär gelingen kann. Im Rahmen der Aktion “ART&DESIGN” einer Freiburger Händlerinitiative entstehen, eingebettet in ein Gesamtprogramm, zwei Kunstobjekte an zentralen Stellen der Freiburger Haupteinkaufsstrasse. Ausgebüchst aus verlassenen Verkaufräumen, Pop-Up Spaces oder leerstehenden Dachböden finden namenlose Gegenstände, Fundstücke, Bauteile und viel Farbe zusammen zu einer Assemblage wie sie für das Werk Hoffmanns typisch sind, jedoch bisher nicht in diesen Ausmaßen. Bereits seit Mai diesen Jahres zeigte er zusammen mit Künstlerfreunden bei dem aussergewöhnlichen Kunstprojekt “Abandones Rooms” in einem Abbruchhaus in Zähringen seine Objekte und Assemblagen im Kontext einer Gesamtintervention des kompletten Gebäudes (KulturJoker Juli/August 2022). Der Begriff aus der aktuellen Architekturszene des “urban mining”, gemeint ist die integrale Bewirtschaftung des anthropogenen Lagers, inspirierte Hoffmann erneut dazu Güter, die Ihren Nutzungshorizont erreicht haben (bevor Sie als Abfall gelten) symbolisch wieder in einen Kreislauf zu bringen. Die Gegenstände erhalten dabei Ihren Charakter, entfalten aber in Ihrer Komposition eine ganz neue Ausstrahlung. Nicht selten bestimmt vom Zufall finden die Fundstücke und Entdeckungen in das Atelier des Künstlers oder wie in diesem Fall auch durch einen Aufruf an die Händler, Ihre Lager und Speicher zu durchsuchen, nach Dingen um die es einsam wurde und die erweckt werden möchten. Die Dinge verwandeln sich in den Gefährten des Künstlers. Alltagsgegenstände werden zum Kunstwerk, werden transformiert und zu einer ästhetischen Einheit zusammengefügt. Er geht dabei erst einmal nicht wertend vor, Hoffmanns Interesse gilt vor allem auch der Räumlichkeit und der Farbigkeit. Bei dieser Einheit geht es um formale Gesichtspunkte, die Beziehungen der einzelnen Elemente zueinander und ihrem Zusammenfügen zu einem gestalterischen Ganzen. Auch Malerisch deshalb, weil wenn die Arbeit fertig ist, keines der Elemente unwichtig ist und sie sich in ihrem Vor -und Zurücktreten im Gleichgewicht halten.Hinter den Fassaden stecken die Philosophien ihrer Zeit, stecken Weltbilder. Dieses Archiv nutzt Hoffmann, es füttert ihn unweigerlich mit Ideen. Unter dem Eindruck der Wiederkehr des Verdrängten entstehen Gebilde, die zu einer ausgiebigen Auseinandersetzung aufrufen und verdeutlichen sollen, unsere Städte sind eine einzige grosse Installation, die es zu studieren gilt, um Schlüsse zu ziehen für einen neuen Umgang mit Baukultur, verlorenen Räumen, Baumaterialien, vermeintlichem Abfall und Schrott und vergessenen Alltagsgegenständen. Mit Beharrlichkeit, viel Kreativität, Unbekümmertheit und einem Sinn für nachhaltiges Denken kann hier die Kunst einen grossen Beitrag Leisten.